M. Jung, C. Scheder, C. Gumpinger, J. Waringer
Artikel in Biologia 68(5): 922-931
Im Rahmen einer detaillierten Untersuchung der letzten großen österreichischen Flussperlmuschelbank an der Waldaist wurden Mikrohabitatpräferenzen, Populationsstruktur und -entwicklung sowie die Wirtsspezifität analysiert. Dazu wurde der 320 m umfassende Abschnitt kartiert und der Präferenzindex (Elektivität) adulter Muscheln für unterschiedliche Substratkorngrößen und Strömungsgeschwindigkeiten berechnet und mittels Geografischen Informationssystems ausgewertet und dargestellt. Es konnte ein Rückgang von etwa 6500 Individuen im Jahr 1997 auf 1800 Individuen im Jahr 2010, eine völlig fehlende Reproduktion und eine verringerte Wachstumsrate festgestellt werden. Als präferierte Habitate wurden Prallhänge mit größeren Steinen (Megalithal) und dazwischen befindlichem feinerem Substrat (Psammal, Akal) mit Strömungsgeschwindigkeiten von 0,2 bis 0,6 m/s identifiziert. Entscheidend dürfte die Sohlstabilität während höherer Wasserführungen sein. Zusätzlich zu den Freilanderhebungen wurden in Laborversuchen Bachsaiblinge sowie zwei verschiedene Bachforellenstämme mit Flussperlmuschelglochidien infiziert und die Überlebensrate der Glochidien untersucht. Es stellte sich heraus, dass der nordamerikanische Bachsaibling – ein geeigneter Wirt für nordamerikanische Populationen von M. margaritifera – für die Muscheln der Waldaist kein geeigneter Wirt ist. Bezüglich der beiden untersuchten Forellenstämme konnte festgestellt werden, dass die aus einer dänischen Zucht stammenden Forellen tendenziell besser als Wirtsfische geeignet sind als der österreichische Zuchtstamm. Dies deutet darauf hin, dass es bezüglich der Eignung als Wirtsfische Unterschiede nicht nur zwischen einzelnen Fischarten sondern auch zwischen genetischen Linien einer Art gibt, die auf stattgefundene bzw. fehlende Koevolution zwischen Parasit und Wirt zurückzuführen sind.